
Als ich Anfang der 1970er Jahre meine Liebe zum Fußball entdeckte, war sie noch da. Als ich 1975 meine große Fußball-Liebe Göttingen 05 fand, war sie schon nicht mehr da. Ein Jahr zuvor waren die fünf Regionalligastaffeln aufgelöst und durch zwei 2. Bundesligen ersetzt worden.
Damit endete eine Ära, in der Fußball transformiert wurde. Als die Regionalligen nach Gründung der Bundesliga 1963 quasi als Nachfolger der um die 16 Neu-Bundesligisten bereinigten Oberligen fortlebten, war der Leistungsfußball noch ein bisschen "wie früher". Das hört sich aus Sicht des Jahres 2025 etwas lustig an, gab aber schon in den frühen 1970er Jahren Anlass für allerlei Diskussionen um den drohenden "Ausverkauf des Fußballs".
Kein Wunder, denn 1963 spielten noch Zechenmannschaften wie der TSV Marl-Hüls in der Regionalliga West. 1974 waren es dann von Geldgebern unterstützte Teams wie die SG Wattenscheid 09. In den elf Regionalligajahren verwandelte sich der Arbeiter- und Kumpelfußball der Bundesrepublik in einen Angestelltenfußball.
Die Geschichte der fünf Regionalligen zu erzählen, stand schon seit langem auf meiner Wunschliste. Nun ist es soweit. Der erste von fünf Bänden ist im Zeitspiel-Verlag erschienen. Es geht um die Staffel West, in der Mannschaften wie Borussia Mönchengladbach, Alemannia Aachen, Rot-Weiss Essen, Borussia Dortmund, Preußen Münster, Fortuna Düsseldorf oder Arminia Bielefeld spielten. Klangvolle Namen aus einem verdichteten Fußball-Raum, deren beste Teams bis 1974 die höchste Erfolgsquote aller fünf Staffeln in Bezug auf den Aufstieg in die Bundesliga aufwies.
"Meister müssen aufsteigen" galt damals allerdings nicht. Stattdessen mussten die fünf Meister sowie die fünf Vizemeister nach Saisonende in zwei Aufstiegsrundengruppen à fünf Teams zwei Aufsteiger ausspielen. Selbst im Idealfall gingen also drei Regionalligameister leer aus. Der Westen war die mit Abstand erfolgreichste Staffel, die dennoch ständig zwischen himmelhochjauchend und zu Tode betrübt schwankte. Auf der einen Seite eine Bielefelder Arminia, die in der Regionalliga nicht nur das Rennen um die lokale Nummer eins gegen den VfB 03 für immer zu ihren Gunsten entschied, sondern auch zum Zuschauermagneten wurde. Auf der anderen Seite ein Klub wie Eintracht Gelsenkirchen, einer der erfolgreichsten Ausbildungsvereine im West, der aber kaum Zuschauer anlockte. Die Regionalliga vereinte diese unterschiedlichen Welten zu einer Spielklasse, die irgendwie immer zwischen Kult und Kummer schwankte.
Im nun erschienenen West-Band erzähle ich die Geschichte der elf Spielzeiten (inkl. Ergebnistabelle, Zuschauerschnitt und Amateurligatabellen), porträtiere alle 42 Mannschaften, die zwischen 1963 und 1974 in der Regionalliga West spielten und stelle die 42 einflussreichsten bzw. wichtigsten Spieler der Ligageschichte vor. Darunter sind Namen wie "Ente" Lippens, Günter Netzer, Reiner Geye, Günter Pröpper, Hannes Bongartz, Dieter Herzog oder Willi Koslowski.
Das Buch ist bei Zeitspiel erschienen und exklusiv nur dort erhältlich. Hier geht es direkt zur Bestellung von Die Geschichte der Regionalliga West 1963 bis 1974.
Buchpräsentation im Deutschen Fußballmuseum Dortmund am 26. August 2025
Na, das war eine Überraschung! Zur Buchpräsentation von "Die Geschichte der Regionalliga West 1963-74" hatte das Team des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund keine Mühen gescheut und ein wirklich illustres Teilnehmerfeld aufgeboten.
Neben langjährigen Regionalligagrößen wie Hans Walitza (Schwarz-Weiß Essen, VfL Bochum), Herbert Weinberg (Rot-Weiss Essen), Klaus Franke und Jürgen Steinmann (VfL Bochum) waren drei Vertreter der SG Wattenscheid 09 vor Ort, mit denen ich eine persönliche Verbindung aufwies: Helmut Horsch war 1989 Trainer von Preußen Münster, als meine 05er mit den Preußen in der Aufstiegsrunde um die 2. Bundesliga standen. Und Detlef Rosellen
sowie Manfred Behrendt trugen sogar einst das 05-Trikot! Vor allem mit "dem Langen" Manni Behrend verbindet mich viel - allen voran das legendäre 2:0 beim Bonner SC, nach dem wir 1977 den Klassenerhalt eigentlich schon in der Tasche hatten (und ihn dann doch noch verspielten). Wir haben uns bereits verabredet für ein längeres Gespräch über die guten alten Zeiten, denn darüber hatten sie alle eine Menge zu erzählen - Ergebnis lest ihr irgendwann in Zeitspiel.
Der Abend verging wie im Flug, und im Publikum Fans aus Wattenscheid, Wuppertal, vom Lüner SV, Fortuna Düsseldorf, TSV Marl-Hüls und vermutlich noch weiteren Vereinen zu sehen, war einfach wunderbar. Es ist genau das, was ich mit dieser Buchreihe schaffen will: Erinnerung und Verbindung.
Die Regionalliga 1963 bis 1974 ist bei vielen Klubs im Westen (wie in den anderen vier Regionen) zentrales Bindeglied in der Vereinsgeschichte. Oft ist sie die Verbindung zwischen Erstklassigkeit zu Oberligazeiten und dem Verschwinden aus der Erstklassigkeit nach Gründung der Bundesliga. Das konnte "sanft" ausfallen und Erstligaausflüge beinhalten (Wuppertal, RWE, Düsseldorf, RWO etc.), aber auch der Anfang vom Ende im "großen" Fußballs sein (Marl-Hüls, Hamborn 07, Lüner SV etc.). Die Regionalligen stehen insofern repräsentativ für die Modernisierung und Professionalisierung des Fußballs.
Die Protagonisten hatten jedenfalls ordentlich was zu erzählen und gaben allerlei Anekdoten zum besten. Was sie einte war ein "Wir haben einfach nur Fußball gespielt". Und das spürte man auch, als sich die ehemaligen Gegner vom grünen Rasen nun auf der Bühne wieder trafen und sich vor allem über ihr Wiedersehen freuten. Fußball ist eben so viel mehr als nur Ergebnissport.
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